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Interview mit Michael Schnelle

Wer noch den legendären „PC Joker“ kennt, der kennt garantiert auch ihn: Michael „Mick“ Schnelle – seinerzeit einer der redaktionellen Köpfe hinter DEM Spielemagazin für den PC in den 1990er Jahren. Heute konnten wir ihn zu einem kleinen Interview überreden und freuen uns, dass wir gemeinsam mit ihm einen Blick in die Vergangenheit sowie in die Zukunft werfen können.

HW: Hallo Michael! Zunächst vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast uns für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Die meisten Leser werden dich vermutlich als ehemaligen Redakteur vom legendären PC Joker kennen. Aber vielleicht kannst du dich ja trotzdem einfach noch einmal vorstellen?

Michael Schnelle

MS: Na, ich hoffe mal, die Älteren erinnern sich auch noch an meine Zeit bei der PC Player oder GameStar. Bei letzterem Heft war ich die längste Zeit. Aber ich greife vor. Wo anfangen? Aaalso: Ich heiße Michael Schnelle, werde seit frühesten Jokertagen Mick genannt, damals um Verwechslungen mit Michael Labiner zu vermeiden. Später war der Name nicht mehr wegzukriegen. Im Mai 1993 begann ich als Redakteur im Joker Verlag, 1996 wechselte ich zur PC Player, 1997 zur GameStar, wo ich mit einer kurzen Pause bis 2006 blieb. Seitdem arbeite ich als freier Redakteur für so ziemlich alles und jeden, der mir eine warme Mahlzeit zukommen lässt. Darunter PC Games, Buffed, Retrogamer, Chip Powerplay, Eurogamer.de, Gamersglobal.de, Play Vanilla, Bravo Screenfun, eGamer und noch einige andere.

HW: Computer sind vermutlich eines deiner wichtigsten Hobbys. Aber wie bist du eigentlich zum Computer gekommen? Hast du dich schon immer für Computer, Konsolen und Games interessiert? Wie hat alles bei dir angefangen mit der Computertechnik?

MS: Angefangen hat alles 1978, als ich meine Eltern überredete, mir ein klassisches Telespiel zu kaufen. Das war von Quelles Eigenmarke Universum, auf dem mehrere Pong-Varianten liefen. Außerdem gab‘s noch ein Lichtgewehr, das ziemlich cool aussah und komplett zerlegt werden konnte. Wie richtige Scharfschützengewehre. Dann folgten mehrere programmierbare Taschenrechner, ein Atari VCS, Atari 400, Commodore 64, Sega Master System, Sega Mega Drive, Super Nintendo, 3DO, Atari ST und endlich auch ein richtiger PC. Ein 386er mit 20 MHz und 4MByte Speicher, auf dem Wing Commander flüssig lief.

HW: Später hast du dein Hobby ja dann zum Beruf gemacht. Viele kennen dich wie gesagt noch vom Joker Verlag. Erzähle uns doch mal wie du zum Verlagswesen und dann natürlich zum Joker Verlag gekommen bist und welche Aufgaben du dort inne hattest? Hast du dich einfach beim Joker Verlag beworben und hat Michael Labiner aka „Big Boss Mike“ dich als talentierten Schreiberling entdeckt?

MS: Das ging schnell und schmerzlos: Ich habe mich einfach auf gut Glück bei verschiedenen Verlagen beworben. Michael Labiner meldete sich bereits nach zwei Tagen. Ich werde das Telefonat abends um 9 Uhr nie vergessen. „Hören Sie, ich kenne Sie nicht, aber wenn Sie wollen, fangen Sie doch einfach hier an. In der Probezeit sehen wir dann ja, ob das klappt. Wollen Sie noch zu einem Vorstellungsgespräch vorbeikommen?“ Drei Wochen später war dann mein erster Arbeitstag…

HW: Besonders witzig finde ich ja, dass dein Bruder Martin Schnelle ( ihn werde ich auch noch zu einem Interview bitten, er kann sich mental also schon mal darauf vorbereiten 😀 ) ebenfalls beim Joker Verlag als Redakteur tätig war. Wie ist es denn dazu gekommen und gab es da keinen Konkurrenzkampf?

MS: Wir suchten verzweifelt einen Redakteur und ich hatte da diesen Bruder. Ging wie bei mir ganz fix. Zuerst haben wir beide zusammen mit Steffen Schamberger im selben Büro gesessen. Das haben wir dann aber schnell geändert und er zog einen Raum weiter. Konkurrenzkampf gab’s keinen. Wir befanden uns ja in keiner Konkurrenzsituation.

HW: Was waren deiner Meinung nach die spannendsten und witzigsten Ereignisse während deiner Arbeit beim Joker Verlag? Gab es irgendwelche speziellen Anekdoten die du uns hier erzählen magst? Ihr hattet doch damals bestimmt eine Menge Spaß in der Redaktion gehabt. Zumindest kam mir das als Leser damals immer so vor. Vielleicht kannst du uns hier ja mal die witzigsten Stories erzählen? Und eine ganz wichtige Frage: Wer von euch war „Dr. Freak“? Es bleibt auch unter uns – versprochen! 😉

MS: Die witzigsten Sachen kann man ja leider nicht erzählen. Allerdings gab es eine redaktionsweite Affinität zu Unfällen mit Türen. Das führte zu Spitznamen wie Max Nasenhauer und einem dicken roten Fleck auf einer Glastür. Ein anderes Mal rangelte ein forscher Chefredakteur mit einer stählernen Aufzugtür. Dann war da die Sache mit der Tütensuppe, die ein lieber Kollege ohne Wasser auf dem Herd schmelzen wollte. Was zu einem weiteren Spitznamen, der Schmelzer, führte. Oder der kotzende Dackel, der… Ach nein, einiges andere will ich meinen werten Ex-Kollege noch übrig lassen. Dr. Freak sagt mir ehrlich gesagt gar nichts. Vielleicht hätte ich die Hefte auch mal lesen sollen.

HW: Hast du eigentlich noch Kontakt zu den ehemaligen Joker-Redakteuren wie Richard Löwenstein, Reinhard Fischer, Michael Trier, Steffen Schamberger, Michael Labiner, etc.?

MS: Persönlichen Kontakt weniger. Ab und zu gehe ich mal mit Steffen Schamberger und Markus Ziegler auf ein Bier weg. Ist jetzt aber auch schon eine Weile her. Oder mit Joe Nettelbeck. Richie habe ich vor drei Jahren das letzte Mal getroffen. Michael Trier an meinem letzten Arbeitstag bei der GameStar. Den Rest eigentlich gar nicht. Per Facebook bin ich aber mit dem einen oder anderen schon noch in Kontakt.

HW: Anfang 2001 war dann ja leider Feierabend mit dem PC Joker und der Joker Verlag musste tatsächlich seine Segel streichen. Wie ist deine Erinnerung an diesen speziellen Tag? Oder hatte sich das Ende bereits seit einiger Zeit angekündigt? Wie sah das Feedback der Leser aus, als das Ende des Jokers verkündet wurde?

MS: Dazu kann ich gar nichts sagen. Denn ich bin ja schon 1996 vom Joker weg zur PC Player und ein Jahr später zur GameStar. Damit gerechnet hatten wir alle ja schon länger, aber als es dann tatsächlich passierte, war’s natürlich schon ein Schock. Immerhin hat die GameStar Paul Kautz ja politisches Asyl gewährt.

HW: Beim Joker Verlag hat ja alles mit dem Amiga Joker angefangen, auch wenn du zu dem Zeitpunkt noch nicht dort tätig warst. Hast du eigentlich trotzdem einen Amiga Zuhause oder warst du eher ein Konsolengamer? Falls ja, welche sind deine Lieblingskonsolen (auch Klassiker) und warum? Hast du noch echte Konsolenklassiker und wie sieht dein Computerspiele-Fuhrpark aus?

MS: Ich hatte nie einen Amiga. War immer Atari ST-Freund. Ich wurde ja für den PC Joker eingestellt und fürs Megablast. Klassiker, sowohl Computer, wie auch Konsole spiele ich heute noch regelmäßig. Das bringt natürlich auch die Arbeit für die deutsche Retrogamer so mit sich. Gerade erst Shining Force, das es mittlerweile in einer schönen Fassung für PCs gibt. Auf dem iPad spiele ich, auf dringendes Anraten des Kollegen Michael Hengst, Dragon Quest IV. Und durch den letzten Podcast der Spieleveteranen.de bin ich auf Ultima Underworld gekommen. Lieblingskonsolen habe ich eigentlich keine, obwohl ich mir ein Leben ohne iPad kaum noch vorstellen kann…

HW: Apropos Konsolen: Aktuell gibt es ja ein ordentliches Kopf-an-Kopf-Rennen im Bereich der Next-Generation-Konsolen – sprich Xbox One und Playstation 4. Welche der neuen Konsolen ist dein persönlicher Favorit und warum? Aktuell sind die Verkaufszahlen der PS4 zwar höher, allerdings wird die Xbox aktuell auch noch in deutlich weniger Ländern angeboten. Wer wird am Ende die Nase vorhaben?

MS: Ehrlich gesagt, lassen mich beide Konsolen kalt. Mir fällt kein einziges Spiel ein, was es dafür exklusiv gibt und was ich unbedingt spielen wollte. Müsste ich mich für eine entscheiden, wäre es wahrscheinlich die PS4. Microsoft hat mir schon bei der Xbox 360 viel zu sehr rumgeeiert, die Benutzeroberfläche mehrfach radikal geändert. Aber, wie gesagt, dieses Jahr steht ein Kauf einer der beiden sicher nicht an.

HW: Was hältst du vom PC als Spielemaschine? Hat er inzwischen ausgedient oder geht es jetzt erst richtig los, immerhin erscheinen die aufwendigsten Games ja immer noch für den PC mit ordentlicher Hardware.

MS: Der PC ist nach wie vor ideal zum Spielen. Technisch ist er weit vorn, das Angebot ist nach wie vor riesig. Wie oft wurde der PC schon totgesagt. Zuerst die Amiganer, dann die Konsoleros. Gestimmt hat’s nie. Warum auch? Zudem sind die Spiele deutlich billiger und nach ein paar Jahren für Pfennigbeträge zu haben. Von Konsolenemulationen und Klassikern ganz zu schweigen. Da kann selbst der gern besuchte Sonystore nicht mithalten.

HW: In welchen Bereichen bist du jetzt eigentlich genau tätig und wo soll deine Reise hingehen? In deinem Blog www.mick-schnelle.blogspot.com ist es seit 2013 ja leider etwas ruhiger geworden. Hast du aktuell so viel zutun als Redakteur? Was sind deine aktuellen Projekte und welche kommen demnächst auf uns zu?

MS: Ich schreibe immer noch Artikel im Spielebereich. Etwa für Gamersglobal und das eine oder andere Projekt, über das ich momentan noch nix verraten darf. Daneben arbeite ich für diverse Agenturen, die nicht im Spielebereich angesiedelt sind, bearbeite Pressemitteilungen, lektoriere, etc. Und natürlich bin ich immer wieder mal bei Spieleveteranen-Podcast dabei. Wo meine Reise hingeht? Direkt in die Rente!

HW: Jetzt wohl die interessanteste Frage des Interview: Was treibst du eigentlich so, wenn du nicht gerade am Rechner sitzt? 😉

MS: Schlafen!

HW: Michael, ich danke dir für das spannende Interview und wünsche dir weiterhin viel Spaß und Erfolg! 😀

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